latcholassie akesuk in de gruyters künstlerlexikon

Der Inuit-Bildhauer Latcholassie Akesuk in De Gruyters «Allgemeinem Künstlerlexikon», Ausgabe 2014
(Copyright beim Verlag, Verfasserin J.Bromundt)
 
 
Akesuk, Latcholassie, (Lachaulassie, Lassaulaasi) , Bildhauer, geb. 4. Oktober 1919, in einem Camp nahe Kingnait, gest. 2000, Kingnait, Nunavut
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Latcholassie wurde in eine bekannte Bildhauerfamilie in Kingnait (Cape Dorset) hinein geboren. Sein Vater Tudlik (1890-1966) gehörte zu den bedeutenden Bildhauern und Grafikkünstlern, welche die sog. Schule von Cape Dorset in der Anfangszeit prägten. Latcholassie erlernte die Bildhauerei  autodidakt von seinen Familienmitgliedern, insbesondere von seinem Vater. Als dieser starb, führte er Ende der 1960er Jahre dessen künstlerischen Stil weiter und entwickelte daraus eine eigene, sehr individuelle Formensprache. Latcholassie selbst gab seine Erfahrungen später an seine Frau und seine Kinder weiter, die heute aktiv als Bildhauer auf Baffin Island tätig sind. Der Künstler lebte im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute die meiste Zeit des Jahres nicht in der Siedlung Kingnait, sondern behielt die traditionelle Lebensweise der Inuit-Jäger bei, die in temporären Camps in den Weiten der Arktis umherzogen. Dies mag sich auf die bevorzugte Themenwahl seiner künstlerischen Arbeiten (Tiere und mythologische Gestalten) ausgewirkt haben. Die reichen Vorkommen an Serpentingestein sind zu einem stilbildenden, regionalen Merkmal des Kunstschaffens auf Baffin Island geworden. Der Grossteil der Arbeiten aus Kingnait  ist bis heute in grünlich gefärbtem Stein gearbeitet und zeigt komplexe, narrative Sujets. Die differenziert ausgearbeiteten Skulpturen dieser Region werden in der Regel mit einer stark glänzenden Politur versehen. Nicht selten ist diese Eigenart der Vorliebe westlicher Kunstliebhaber geschuldet und nicht notwendigerweise Teil der ästhetischen Vorliebe der Künstler selbst. Auch Latcholassie benutzte als Werkstoff meist Serpentin (z.B. Slg Zürich), seltener weissen Marmor (Slg. Toronto), doch folgte er keineswegs der regionaltypischen Darstellungsweise, sondern entwickelte eine minimalistische, stark geometrisierte Formensprache, die kennzeichnend für seine Werke wurde. Latcholassies künstlerische Ausdrucksweise wird heute auch von Inuit selbst als Beispiel authentischer und unverfälschter Auffassung der Inuitkunst begriffen. Der Bildhauer arbeitete in einem sehr engen Themenrepertoire, wobei die Darstellung von Vögeln vorherrschte. Vögel sind allg. ein bevorzugtes Motiv in der Inuitkunst, doch führte Latcholassie ihre Darstellung weit über die naturalistische Wiedergabe hinaus. Insbesondere seine Eulen sind nicht nur auf wenige Formen reduziert, sondern sie zeigen stark anthropomorphe Züge (Slg. Zürich). Diese sind pointiert hervorgehoben und schlagen mit dem sensiblen Sinn des Künstlers für karikierende Details oft ins Humorvolle um. 1971 wurden mehrere seiner Werke in die wegweisende Publikation «Sculpture/Inuit», (Hg. Canadian Eskimo Arts Council 1971) aufgenommen. 1973 erhielt Latcholassie den Canada Council Artists Grant, was sich auf seine künstlerische Produktivität sehr fruchtbar auswirkte. Der Künstler Latcholassie Akesuk gehört heute zu den hoch geschätzten Bildhauern der ersten Generation. Für sein Werk werden auf dem Kunstmarkt Höchstpreise erzielt.» 
 
 

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