inuitkunst an der 57. biennale in venedig

An der diesjährigen Biennale in Venedig wird ein Inuitkünstler im Rahmen der kuratierten Schau im Arsenale gezeigt. Es ist ein Glücksmoment für die Inuitkunst, die damit in den Reigen der international anerkannten Kunstszene vorgerückt ist. Die Anerkennung, welche Kananginak Pootoogook (1935-2010)  in Venedig zu Teil wird,  ist in Kanada und besonders im Nunavut mit Stolz zur Kenntnis genommen worden. Kananginakts Zeichnungen schafften es gar auf die Liste der zehn Werke, über die in diesem Jahr mit Sicherheit gesprochen werde! Ein Grund den Künstler hier etwas genauer vorzustellen.

Kananginak Pootoogook wurde 1935 in einem traditionellen Camp namens Ikerrasak nahe der Gemeinde Cape Doret geboren. Er war der Sohn des Camp Leaders Josephie und Neffe des legendären Piter Pitseolak, den Pootoogook Zeit seines Lebens als Vorbild bezeichnete. Die Familie lebte nach den traditionellen Gesetzen der Jäger- und Sammler. Erst 1942 verliess die Familie die Grassoden-Behausung und zog in ein modernes Haus. Dieser Wechsel, der gleichzeitig der Schritt in eine andere Zivilisation bedeutete, spiegelt sich in den Zeichnungen Pootoogooks. Erst in den 70er Jahren fing er an, als Künstler zu arbeiten und betreute die Druckwerkstätten von Cape Dorset, wo er eine unabhängige Kooperative für Druckkunstwerke etablierte.

Seine Skulpturen und grafischen Werke zeigen einen ausgeprägten Hang zur naturalistischen Darstellung, wobei Tiere eine Hauptrolle in seinem Werk spielen. Während andere bekannte Bildhauer seiner Generation gelegentlich Bilder benutzten, um ihre Tierdarstellungen zu entwickelten, nutzte Kananginak Pootoogook allein seine Erinnerungsfähigkeit. Das grosse Interesse und die Liebe zu Tieren gehörte zu Pootoogooks Wesen. Er erzählte: «Als ich noch jung war, war ich traurig, wenn ein schönes Tier getötet wurde, auch wenn es für Nahrung war. Die Alten sagten uns, dass Tiere nur zu einem bestimmten Zweck getötet werden durften und nicht als sportliches Vergnügen. Vor langer Zeit sagten uns die Alten, dass Tiere von einem grossen Geist erschaffen wurden, um Inuit zu ernähren. Ich habe erfahren, dass ein erfolgreicher Jäger mit seinem Erfolg nicht prahlen darf, da er sonst bei anderen Jagdausflügen Schwierigkeiten bekomme.»

 Die Präzision seiner Darstellungen begeisterte Sammler und Kenner seines Werkes. Sie veranlassten den World Wildlife Found 1977 Kananginak Pootoogook für eine Serie von Bildern zu engagieren. 1980 erhielt er zudem die Ehre, in die Royal Canadian Academy aufgenommen zu werden.Verschiedene Quellen bestätigen, dass Kananginak Pootoogook von seinem legendären Onkel Peter Pitseolak beeinflusst wurde. Dieser besass als einer der ersten Inuit Anfang der 50er Jahre eine Fotokamera und dokumentierte als Historiker das Leben auf Baffin Island. Pitseolak erahnte die grossen zivilisatorischen Änderungen, welche seine Zeit durchlief und war bemüht in tagebuchartigen Aufzeichnungen seine Erinnerungen an die traditionelle Lebensweise festzuhalten.

Von diesen Gedanken geprägt waren auch Kananginaks Zeichnungen, die er in den letzten vier Jahren seines Lebens schuf und welche derzeit in Venedig ausgestellt sind. Er zeigt sich selbst als Zeichner von Tieren aber auch als Fotografen, der dabei ist, Nahaufnahmen von gelben Blüten zu machen, an welchen sich eine Hummel labt, ein seltener Gast im borealen Klima. In starker Verkürzung gibt er das Sujet wieder, wobei auch hier der Blick des Zeichners vor allem auf dem Tier liegt. In dieser Zeichnung prallen zwei Lebens- und Sichtweisen aufeinander: einerseits die vollkommene Hingabe an das natürliche Motiv, die Kananginak Pootoogook zu seinen fantastischen Tierdarstellungen verhalf. Andererseits der kurzfristige, fixierende Moment mit Hilfe technischen Mitteln, der Erinnerung ersetzt und als typischer 'Blick' des westlich zivilisierten Betrachters gilt. Hier finden Sie einen Überblick und Medienkommentare zu Kananginaks Auftritt an der Biennale 2017.

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