wie baut man ein iglu?

Ein verbreitetes Klischee besagt, dass Inuit in Iglus leben. Oft stellt man sich dabei vor, dass die Menschen der Arktis das ganze Jahr über in ihren halbkugelförmigen Schneehäusern ein und aus gehen. Doch so war es nie und das Schneehaus dient den Inuit heute nur noch bei speziellen Gelegenheit als Winterschutz zur Jagdzeit.
Der Inuit-Begriff Iglu bezeichnet jede Art von Haus oder Unterschlupf. Nur in der Zentralarktis Kanadas und in Grönland wurden Iglus allein aus gepressten Schneeblöcken errichtet, die übrigen Stämme nutzten  Schnee in der Regel nur als Isolationsmaterial für ihre Hüttenkonstrukte aus Walknochen und Häuten.  In besonderen Fällen, in Notlagen oder auf der Jagd, bauten aber auch andere Stämme temporäre Unterkünfte nur aus Schneeblöcken.

Der Bau von Schnee-Iglus ist faszinierend und ein Zeugnis von uraltem «mathematischem» Wissen, das Inuit aus Erfahrung und Intuition entwickelten. Iglus werden nach einer Methode errichtet, die ein optimales Verhältnis zwischen Höhe und Durchmesser des Raumes aufweist und die Spannungen so verteilt, dass die Konstruktion nicht zusammenbricht. Mathematisch gesehen folgen die Gesetze des Iglubaus einer sogenannt «rotierenden Kettenlinie». Ihre Eigenschaften verhindern, dass Druck das Konstrukt beeinträchtigt.

Der einzige Schnee, der für den Iglubau taugt ist jener, der in einer einzigen Sturmnacht festgepresst wurde. Wenn keine weiteren Winde darüber gefegt sind, weist der Schnee gleichmässige Lufteinschlüsse auf, die schliesslich für die Isolation des fertigen Baus entscheidend sind. Mit einem speziellen Stecken und viel Erfahrung kann dieser geeignete Schnee gefunden werden. Als Baugrund wird der zugefrorene Fluss bevorzugt, da das Iglu dann wärmer ist als wenn es auf Permafrost steht.

Beim Bau geht man wie folgt vor: Mit dem Schneemesser wird der Kreis eingezeichnet, auf welchem das Iglu zu stehen kommt. Aus diesem Kreis werden Schneeblöcke geschnitten. An der abgetiefte Stelle entsteht der Grund für das Iglu.Zwei Männer arbeiten jeweils zusammen an einem Bau: einer schneidet die Blöcke der andere konstruiert das Gebäude. Vertikal zu den Schneelagen verlaufende, rechteckige Blöcke werden aus dem Schnee geschnitten. Ihre Grösse musst jener entsprechen, die ein Mann mit ausgestreckten Armen fassen kann. Die erste Reihe von Schneeblöcken wird dem Umfang entlang gelegt. In einem abfallenden Winkel wird die erste Lage von Eisblöcken abgeschliffen, so dass der erste Rang einer aufsteigenden Spirale daraus hervorgeht. Ein diagonaler Schnitt vom unteren Ende des ersten Blocks zum oberen Ende des dritten Blocks wird abgeschnitten. Dann wir der obere Teil entfernt. Diese aufsteigende Rampe bildet den Winkel an der die folgenden Blöcke aufsteigend angelegt werden und so in einer Spirale zu liegen kommen, die sich in der Mitte des Doms endet. Jeder Block wird sorgfältig der vorausgehenden Form angepasst. Mit nach unten und zur Seite gerichtetem Druck wird der Block an den vorangehenden angelegt. Die korrekte Positionierung der Blöcke ist wichtiger als die Eliminierung von Zwischenräumen, die zum Schluss von Kindern und Frauen mit Schnee verstopft und abgedichtet wird. Um den «Schlussstein» zu platzieren, wird die Öffnung ca. 15 Grad zur Vertikalen abgeschrägt. Der Schlussblock wird von unten durch  die Öffnung des Domes geführt und von oben herunter gelassen. Dann wird er passgenau zurchtgeschliffen. Ventilationsöffnungen und Eisfenster werden in die Wände eingeführt, um Sauerstoff und Licht in den geschlossenen Raum zu bringen. 

Oft wird ein noch tiefer liegender Gang vor dem Zugangsloch angelegt, der als Kältefalle dient. Hier sinkt die kalte Luft ab und verhindert, dass warme Luft aus dem Iglu austritt, denn es kann dort bis zu 16 Grad warm werden auch wenn die Aussentemperaturen weit unter den Nullpunkt sinken. Der Qudlik, die Specksteinschale und Feuerstelle der Frauen,, bewirkt ein leichtes Abschmelzen der inneren Wand, die nachts wieder gefriert und damit zur Stabilisierung des Baus beiträgt. Winteriglus haben in der Regel Betten aus Eisbänken, die mit Fellen isoliert sind.

Für viele Künstler der kanadischen Arktis zählt das Leben in Winteriglus zu besonderen Kindheitserfahrungen. Daher haben sie diese gelegentlich auch in Kunstwerken wiedergegeben. Das Iglu aber ist auch eine existentielle Metapher von der Inuitälteste berichten. Sie verbinden den schützenden Bau mit dem vorgeburtlichen Leben im Mutterleib, in dem alle Individuen Geborgenheit erleben. 

©J.Bromundt, INUIT Galerie, Zürich

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